Navigation überspringen

die-gfi.de  Pfeil nach rechts Mittelfranken Pfeil nach rechts Aktuelles Pfeil nach rechts Einsatz für angehende Azubis mit Autismus und ihre Betriebe

Einsatz für angehende Azubis mit Autismus und ihre Betriebe

Das Erlanger “MAut” Integrationszentrum unterstützt junge Menschen mit Autismus seit Jahren beim Weg in den Arbeitsmarkt. Auch Betriebe werden dafür sensibilisiert, welche Besonderheiten es gibt und wovon sie profitieren können.

News- Foto: Eine Frau posiert an ihrem Arbeitsplatz sitzend für das Foto.

Fünf junge Autist*innen im Alter zwischen 16 und 25 Jahren besuchen seit September eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme in der Erlanger MAut. Zwölf Monate kommen sie in Vollzeit hierher. Sie haben alle einen Schulabschluss, der Eintritt ins Arbeitsleben fällt ihnen aufgrund ihrer ASS oft schwer. Dozent Diego Heubeck unterrichtet seit fünf Jahren in der MAut und erzählt beispielsweise von überhöhten Erwartungen der Schüler*innen an sich selbst, Kommunikationsschwierigkeiten oder mangelnder Flexibilität in der beruflichen Findungsphase. 

Mathe, Programmieren mit Excel und Handwerk 

Vermittelt und zugewiesen werden die Teilnehmenden an das MAut-Zentrum über die Bundesagentur für Arbeit, sie finanziert die Maßnahme. Ausführender Träger ist die gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung beruflicher und sozialer Integration (gfi) Mittelfranken. Interessenten informieren sich teilweise eigeninitiativ über die MAut, oder hören auch über Kliniken oder Schulen von dem Angebot. Und in vielen Fällen sind es engagierte Eltern, die für ihre Kinder aus dem Spektrum eine geeignete Vorbereitung auf einen Ausbildungsplatz suchen und sich genauer über das Angebot der MAut erkundigen. Die von der Agentur für Arbeit zugewiesenen Jugendlichen kommen meist aus der Region und es wird dort auch nach Ausbildungsplätzen gesucht.  

Zu Beginn der Maßnahme steht für die jungen Menschen das Ankommen. “Wir finden gemeinsam heraus, auf welchem Stand sie sind, welche Kompetenzen sie haben”, erklärt Bildungsbegleiterin Carina Späth. Mit einer Kollegin ist sie die Schnittstelle zwischen den Teilnehmenden, ihren drei Lehrkräften, Eltern, der Arbeitsagentur und den potentiellen Ausbildungsbetrieben.  

Dann geht es in die Praxis: Etwa beim Fachunterricht in Deutsch, Mathematik und EDV. Dozent Heubeck schätzt dabei, wie individuell und flexibel er arbeiten kann: “Die Spanne ist sehr breit. Das Niveau des aktuellen Jahrgangs ist zum Beispiel in Mathe sehr hoch.” Gern gibt er seinen Schüler*innen auch spielerische Aufgaben, lässt sie etwa in Excel ein Kreis-und-Kreuz-Spiel programmieren. Auch handwerklich arbeitet Heubeck mit den jungen Menschen. “Wir designen gerade ein multidimensionales Schachspiel, für das wir Figuren in 3D drucken und Holz bearbeiten und zusammenbauen”, erzählt er.  

Besonderheiten für Betriebe 

Dank des guten Betreuungschlüssels ist auch das Bewerbungstraining individuell auf die Bedürfnisse der Autist*innen abgestimmt. “Wie erkenne ich, wenn jemand im Vorstellungsgespräch einen Witz macht und wie gehe ich damit um? Wie lerne ich meine eigenen Gefühle einschätzen?”, nennt Bildungsbegleiterin Späth Beispiele für die Förderung in Sozialkompetenz. In Betriebspraktika probieren die Teilnehmenden das Erlernte aus, testen den Wunschberuf und knüpfen vielleicht schon Kontakte für die Ausbildung. 

Eine aktuelle Teilnehmerin arbeitet gerade an einem Leitfaden für Vorstellungsgespräche. Für ASS-Betroffene sei Vorbereitung wichtig, schreibt sie, Betriebe könnten zum Beispiel vorab mailen, wer am Gespräch beteiligt sei und welche Fragen gestellt würden. Auf Smalltalk solle möglichst verzichtet, das Gesprächsende deutlich signalisiert werden. Freuen würde sie sich auch über die Nachfrage, was sie während des Praktikums oder der Ausbildung spezifisch brauche.  

Dabei sei, ergänzt Bildungsbegleiterin Späth, die Palette so breit wie das Störungsspektrum. “Manche Menschen mit ASS sind sehr reizempfindlich und müssen häufiger ihre Kopfhörer aufsetzen oder sich zurückziehen. Andere brauchen mehr Pausen.” Da man auf den ersten Arbeitsmarkt vermittle gebe es aber nicht allzu viele Besonderheiten für Betriebe.  

Erster Ausbildungsplatz sicher 

“Klаr gibt es Defizite in manchen Bereichen, dafür sind Stärken in anderen ausgeprägt”, relativiert Späth. Denn häufig haben ASS-Betroffene besondere Begabungen in Teilbereichen. “Aus Vorstellungsgesprächen höre ich teilweise Begeisterung darüber, wie viele Grundlagen vorhanden sind”, berichtet die Bildungsbegleiterin. Und so hat sich schon ein halbes Jahr nach Maßnahmenbeginn die erste von fünf Teilnehmenden des aktuellen Jahrgangs einen Ausbildungsplatz gesichert. Lehrer Heubeck weiß: “Die meisten Autist*innen sind sehr hartnäckig. Wenn man ihnen Geduld und Zeit entgegenbringt und immer wieder kommuniziert, ergibt sich in den meisten Betrieben ein geeignetes Arbeitsumfeld.” 

DIESE BEITRÄGE KÖNNTEN SIE AUCH INTERESSIEREN

Weitere Beiträge finden Sie unter Aktuelles